Update: Worldcoin hop oder top?

Letzte Woche schrieb ich auf meinem privaten Facebook Account über ein sehr interessantes neues Projekt: Worldcoin. Für Euch möchte ich das Ganze noch etwas detaillierter betrachten.

Zukunftsvision, oder Ende der finanziellen Privatsphäre?

Worldcoin ist in der Welt der Blockchain-Projekte zweifelsohne eines der am meisten diskutierten Themen. Es ist das Kind zweier Giganten der Technologiebranche: Sam Altman, einst an der Spitze von OpenAI, und Balaji Srinivasan, der ehemalige CTO von Coinbase, träumen von einer globalen Währung, die jedermann nutzen kann. Doch was genau steckt hinter dieser Idee?

Das Herzstück von Worldcoin ist der sogenannte Orb. Ein Gerät, das so futuristisch klingt, wie es sich anhört: Es scannt die Iris eines Nutzers und generiert daraus einen eindeutigen Code. Dieser dient dann als Schlüssel zu einem individuellen Worldcoin-Konto. Wohl gemerkt: die Bilder der Iris werden wieder gelöscht und nur der daraus erzeugte Hash dient der Identifizierung.

Deswegen habe ich den Selbstversuch gewagt und habe mich registrieren lassen. Zuerst musste ich die Worldcoin App herunterladen und ein Konto anlegen. Dabei wurden ausser einer Mobilrufnummer keinerlei persönliche Daten erhoben. Die Mobilnummer muss auch nicht auf meinen Namen lauten, ich sollte lediglich Zugriff darauf haben und kann sie jederzeit ändern.

Deswegen weist mich die Karte auch als „Anonymous“ aus und das Ganze dient lediglich der Bestätigung, dass ich ein Mensch aus Fleisch und Blut und kein Roboter bin.

Genau in dieser Anonymität liegt jeodch die größte Schwäche des Projekts, wenn es um seine Tauglichkeit als Zahlungsmittel geht. Es verstößt nämlich gegen alle Geldwäsche und KYC Regeln und keine Regierung der Welt wird das zulassen.

Die Verheißungen dieses Projekts sind beeindruckend. Zum einen könnten Milliarden von Menschen, unabhängig von ihrem geografischen oder sozioökonomischen Hintergrund, Zugang zu einer stabilen Währung erhalten. Zudem könnten grenzübergreifende Transaktionen effizienter, sicherer und kostengünstiger werden. Schließlich verspricht die Technologie auch ein neues Level an Transparenz, das Geldwäscheaktivitäten einen Riegel vorschieben könnte.

Worldcoin hat sich zum Ziel gesetzt, ein globales Identitätssystem zu schaffen. Dazu wird die Iris gescannt, um für jeden Menschen einen eindeutigen Identifier zu erstellen, der dann auf der Ethereum-Blockchain gespeichert wird.

Damit soll die Vielzahl von Identifizierungen bei allen möglichen Plattformen ersetzt werden. Es müsste nie wieder ein Ausweis fotografiert, oder ein Identvideo aufgenommen werden. Das könnte eine Revolution für Menschen in Entwicklungsländern bedeuten, die oft keinen Zugang zu Identitätsdokumenten haben und daher von wichtigen Dienstleistungen wie Bildung, Gesundheitsversorgung und Bankdienstleistungen ausgeschlossen sind.

Doch wie bei jeder Medaille gibt es auch eine Kehrseite. Viele Menschen werden zögern, ihr persönlichstes – nämlich ihre Augäpfel – preiszugeben. Auch wenn ich diese Sorge für unbegründet halte, falls Worldcoin die Fotos tatsächlich löscht. In die Richtigkeit dieser Aussage muss man vertrauen. Damit ist das Projekt jedenfalls nix für Paranoide und Datenschützer.

Hier laufen auch bereits die ersten Prüfungens seitens der Behörden. In Europa hat dafür das Bayerische Landesamt für Datenschutz die Federführung übernommen.

Es hat Bedenken hinsichtlich der Datenschutzpraktiken von Worldcoin geäußert. Insbesondere hat das Amt kritisiert, dass Worldcoin keine ausreichenden Informationen über die Art und Weise bereitstellt, wie die gesammelten Daten verwendet werden. Darüber hinaus hat das Amt kritisiert, dass Worldcoin seinen Nutzern keine Möglichkeit bietet, die gesammelten Daten zu löschen.

Bedrohung der finanziellen Stabilität

Regierungen könnten in Worldcoin eine Bedrohung ihrer eigenen Währung und Souveränität sehen und entsprechend blockieren. Auch wenn sich die Regulierungsbehörden zunehmend kryptofreundlicher zeigen, werden sie keinen Spass verstehen, wenn ein Projekt Dimensionen annimmt, welche den Zentralbankwährungen Konkurrenz machen könnte.

Ich möchte daran erinnern, wie schnell das Facebook Libra Projekt vom Tisch verschwunden ist. Hier gab es bereits 2 Milliarden Nutzer, sowie breite Unterstützung von 18 prominenten Firmen der etablierten Finanzwelt, wie etwa Vodafone und VISA / Mastercard. Mark Zuckerberg hätte damit locker gegen Dollar und Euro konkurrieren können. Deswegen ist es nicht passiert.

Worldcoin hätte das Potenzial, die Welt grundlegend zu verändern. Denn Worlcoin gibt auch gleich noch den passenden Token als Zahlungsmittel heraus und würde damit erstmals Zahlungen direkt mit einer Identität verknüpfen.

Einige Pyramiden Scam Projekte geben vor genau das tun zu wollen. Auch Lastnetwork möchte ein neues Zahlungssystem schaffen, Platincoin und Paraiba haben ähnliche Visionen versprochen, um Leichtgläubigen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Wären nicht die Initiatoren und ihre Unterstützer (einige der größten Venture Capital Geber) über jeden Zweifel erhaben, würde ich das Projekt direkt als Scam bezeichnen.

Das Fazit: Worldcoin bewegt sich auf einem schmalen Grat zwischen bahnbrechender Innovation und potenziellen Fallstricken. Es bleibt spannend zu beobachten, wie sich dieses Projekt in der sich ständig wandelnden Krypto-Landschaft positionieren wird. Die Zukunft von Worldcoin hängt von vielen Faktoren ab, und ich halte sie für mehr als ungewiss.

Das Interessanteste daran ist, dass der Token auf der Ethereum Blockchain läuft und sich der Skalierungslösung Optimism bedient. Ein weiteres Indiz dafür, dass unser Engagement in Ethereum keine schlechte Entscheidung ist.